Entscheidungen

OLG Bamberg - Bs. vom 23.02.2015

Inbegriffs-Rüge: Inbezugnahme von Lichtbildern im Urteil nur nach § 267 I 3 StPO zulässig

Soweit das Tatgericht seine Überzeugungsbildung von der Täterschaft des Angeklagten auch auf einen Vergleich des Angeklagten mit einer Person stützt, welche auf einem in den Akten befindlichen Lichtbild abgebildet ist, und in den Urteilsgründen lediglich auf die Aktenfundstelle verweist und mitteilt, dass das entsprechende Lichtbild in Augenschein genommen wurde, beschreibt es nur den Beweiserhebungsvorgang, macht durch die entsprechenden Ausführungen das Lichtbild aber nicht zum Bestandteil der Urteilsurkunde.

Soll ein in den Akten befindliches Lichtbild zum Bestandteil der Urteilsurkunde werden, so muss das Tatgericht darauf nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung ausdrücklich und eindeutig gem. § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO Bezug nehmen, so daß OLG Bamberg. Weitere Ausführungen zu einer erfolgreichen Rüge wegen der fehlerhaften Ablehnung von Beweisanträgen wegen angeblicher Bedeutungslosigkeit.

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OLG Frankfurt am Main - Bs. vom 22.12.2014

Unzulässige, weil nur kursorische Vorstrafenaufzählung in den Urteilsgründen

Nach ständiger Rechtsprechung des OLG Frankfurt muss ein Tatrichter, will er Vorstrafen zum Nachteil des Angeklagten verwerten, die Zeiten der Verurteilung, die Tatzeiten sowie die Art und Höhe der erkannten Rechtsfolgen im Einzelnen mitteilen, wobei in der Regel auch Ausführungen zu den Sachverhalten, die den Verurteilungen zugrunde lagen, zu machen sind, da sonst das Revisionsgericht nicht nachprüfen kann, ob das Tatgericht die Vorstrafen in ihrer Bedeutung und Schwere für den Schuldspruch richtig bewertet hat.

Von einer genauen Darlegung der den Verurteilungen zu Grunde liegenden Sachverhalte kann allenfalls dann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn in Fällen geringerer Bedeutung der Sachverhalt schon aus der Angabe der angewendeten Vorschriften hinreichend erkennbar wird (z .B. Fahren ohne Fahrerlaubnis) oder wenn etwa die Auflistung Vorstrafen nur allgemein der Darlegung auch anderer Fälle der Missachtung strafrechtlicher Nornen durch den Angeklagten dient, also ersichtlich in keiner Weise auf Art und Schwere früherer begangener Straftaten abgestellt worden ist.

Zudem macht das OLG Ausführungen zur fehlerhaften Annahme gewerbsmäßigen Handelns, sofern ein Täter den Willen zum wiederholten Absatz nicht von Anfang an hat, sondern ihn lediglich im Zusammenhang mit der
ersten Absatzhandlung gleichsam notgedrungen und schrittweise entwickelt.

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LG Frankfurt am Main - Bs. vom 09.01.2015

Bestellung eines durch das Gericht ausgesuchten Pflichtverteidigers ist u.U. zurückzunehmen

Eine durch den Haftrichter unter Beachtung des Anhörungsrechts des vorgeführten Beschuldigten erfolgte Bestellung eines Pflichtverteidigers (Ankreuzung im Formular "Antrag auf Pflichtverteidigerbestellung", wonach das Gericht einen Verteidiger für den Beschuldigten auswählen könne), stellt nicht zwingend einen eindeutigen und endgültigen Verzicht auf das Mitwirkungsrecht des Beschuldigten dar, innerhalb einer Frist einen eigenen Verteidiger zu benennen.

Zu bedenken sei laut dieser Entscheidung, dass einem sprachunkundigen Beschuldigten in der besonders belastenden Situation einer Inhaftierung dieser Verzicht durch Übertragung des Auswahlrechts auf das Gericht in seiner Bedeutung nicht klar sein könne, und der Grundsatz des fairen Verfahrens somit die Rücknahme der ursprünglichen Bestellung nahelegen könne, wenn der Beschuldigte innerhalb der zunächst eingeräumten Erklärungsfrist einem gewählten Verteidiger Vollmacht erteilt hat.

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LG Darmstadt - Bs. vom 15.09.2011

Pflichtverteidigervergütung

Nach einer Einstellung nach § 154 II StPO sowie einer Kostentragungspflicht der Staatskasse hinsichtlich der Verfahrenskosten ist es dem Rechtspfleger verwehrt, anschließend die an den Verteidiger gezahlte Pflichtverteidigervergütung wieder vom ehemals Angeklagten zurückzufordern. Nach einhelliger Meinung, so die Beschwerdekammer des LG Darmstadt, unterfalle die Pflichtverteidigervergütung den Auslagen der Staatskasse und sei mithin ein Teil der Verfahrenskosten.

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LG Marburg - Bs. vom 23.08.2011

Ermessensfehler der JVA bei Versagung von Tagesausgang/Urlaub eines zu lebenslanger Haft verurteilten und bereits ausgewiesenen Nicht-EU-Bürgers

Lesenwerte Entscheidung der Marburger Strafvollstreckungskammer insbesondere zu Ermessens- und Darstellungsfehlern einer JVA, welche einem seit 1997 und noch bis Mai 2012 einsitzenden, zudem seit 2001 ausgewiesenen Lebenslänglichen Tagesausgang und Hafturlaub mit der Begründung verweigern wollte, aufgrund der ausländerrechtlichen Situation bestehe nach wie vor Fluchtgefahr.

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OLG Frankfurt am Main - Bs. 15.02.2011

Geringere Auferlegung der Kosten der Nebenklage bei nicht erweislich wahren Angaben einer Nebenklägerin sowie Teilfreispruch

Notwendinge Auslagen der Nebenklage können nach Billigkeitserwägungen des Gerichts (§ 472 I 2 StPO) insbesondere dann nur teilweise einem Verurteilten auferlegt werden, wenn nicht erweislich wahre Angaben einer Nebenklägerin zu maßgeblichen Teilfreisprüchen in zweiter Instanz geführt haben.

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OLG Frankfurt/Main - Bs. vom 11.02.2011

Unzureichende Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts zum Vorsatz bei einer nicht geringen Menge Amphetamin

Das Oberlandesgericht hob ein Berufungsurteil auf die Sachrüge hin auf, da die Urteilsgründe der Tatsacheninstanz unvollständig und lückenhaft waren. Der durch die Vorinstanz bejahte Vorsatz des Angeklagten bezüglich einer nicht geringen Menge von Amphetamin war von den Feststellungen der Berufungskammer nicht gedeckt.

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OLG Frankfurt/Main - Bs. vom 04.01.2011

Fehlerhafte Zurückweisung eines Beweisantrags durch die Berufungskammer bei einer Zeugin, die sich in erster Instanz noch auf § 55 StPO berufen hatte

In einer beim AG begonnenen Strafsache sollte eine zuvor abgetrennte Mitangeklagte als Zeugin gehört werden. Nach deren Mitteilung, sie mache von ihrem Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO Gebrauch, unterblieb deren Ladung vor das Amtsgericht. In der Berufungshauptverhandlung war diese Zeugin zwar geladen worden, erschien aber nicht. Der daraufhin gestellte Beweisantrag , die Zeugin sei nach Kenntnis der Verteidigung dennoch aussagebereit, lehnte das Landgericht als unzulässig ab und verwarf die Berufung. Das Revisiongericht hob diese Entscheidung auf die Verfahrensrüge auf, da für eine Ablehnung eines Zeugenbeweisantrags nicht ausreichend sei, daß sich ein solcher Zeuge in der ersten Instanz schon einmal auf §§ 52, 55 StPO berufen haben mag. Ob ein solcher Zeuge aussagebereit sei oder nicht, müsse durch das Gericht in der Hauptverhandlung überprüft werden.

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OLG Frankfurt am Main - Bs. vom 04.01.2011

Fehlende Motivationsanalyse bei Aussage gegen Aussage-Konstellation

Ausführliche OLG-Revisionsentscheidung in einem Vergewaltigungsverfahren zur fehlerhafen Beweiswürdigung des LG Limburg (als Berufungskammer), wobei der 1. Strafsenat insbesondere das Fehlen ausreichender Motivationsanaylse einer möglichen Falschbelastung des Angeklagten durch die einzige Hauptbelastungszeugin beanstandete und die Sache zur Neuverhandlung zurückverwies.

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OLG Frankfurt/Main - Bs. vom 22.09.2010

Unzureichender Owi-Bescheid durch bloße Zitierung gesetzlicher Vorschriften

Dieser Entscheidung, die ihren Ursprung in einem OWi-Bescheid wegen Verstoßes gegen das BDSG hat, ist zu entnehmen, daß sich eine Bußgeldbehörde nicht schlicht darauf beschränken darf, gesetzliche Vorschriften zu zitieren, ohne dabei die notwendigen, aus dem Sachverhalt zu entnehmenden Tatsachen mitzuteilen. Mit derart gravierenden Mängel scheide ein Bußgeldbescheid als Verfahrensgrundlage schlicht aus, so das OLG.

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